Susanne Schaper: Diese Koalition hat nicht nur bei Löhnen und direkter Demokratie versagt — kein Verlass auf Kretschmers Wort

Zur Regierungserk­lärung des Min­is­ter­präsi­den­ten erk­lärt Susanne Schaper, sozialpoli­tis­che Sprecherin der Links­frak­tion:

„Wir wis­sen alle, dass nie­mand diese Lan­desregierung wirk­lich wollte. Aber der Min­is­ter­präsi­dent hat­te die Chance, für diese Regierung eine gemein­same Idee zu find­en. Er hat es nicht geschafft. Die Chan­cen, die diese Regierung ver­siebt hat, wer­den wom­öglich nie wiederkom­men. Für den Schaden ist Herr Kretschmer maßge­blich ver­ant­wortlich!

Viele gute Ideen ende­ten besten­falls als Mod­ell­pro­jekt, meis­tens aber im Papierko­rb. So ist die säch­sis­che CDU nach wie vor der Mei­n­ung, dass die Men­schen hierzu­lande für ihre Arbeit weniger Lohn bekom­men sollen als die Men­schen im West­en Deutsch­lands. Niedriglöhne gel­ten als Stan­dortvorteil. Der Min­is­ter­präsi­dent verunglimpft Men­schen als faul, die aus guten Grün­den in Teilzeit arbeit­en. Nach seinem Willen sollen die Men­schen gezwun­gen wer­den, mehr zu arbeit­en — als hät­ten wir nicht schon Reko­rdbeschäf­ti­gung und jede Menge unbezahlter Über­stun­den. In Zeit­en des Arbeit­skräfte­man­gels ist das Gegen­teil richtig: Wir müssen hohe Löhne und gute Bedin­gun­gen bieten, damit die Men­schen bleiben oder kom­men, um hier zu arbeit­en. Aber die CDU hat nicht nur unseren Entwurf für ein Ver­gabege­setz abgelehnt, das faire Löhne für öffentliche Aufträge garantiert hätte. Michael Kretschmer hat sog­ar den schwächeren Entwurf des SPD-Min­is­ters Mar­tin Dulig beerdigt — und dann noch stolz bekan­nt, dass er der Unternehmer­lob­by gehorcht hat. Das ist echt trau­rig! Von Ihnen gibt es auch kein Wort dazu, dass in Sach­sen jedes fün­fte Kind und jed­er dritte junge Erwach­sene von Armut bedro­ht ist.

Niedrige Löhne führen zu niedri­gen Renten — auch das küm­mert die säch­sis­che CDU wenig. Sie kon­nte sich nicht ein­mal dazu durchrin­gen, dem Not­fall­fonds für ost­deutsche Rent­ner­in­nen und Rent­ner beizutreten, die seit 1990 um ihre Rente­nansprüche bet­ro­gen wor­den sind und weit­er bet­ro­gen wer­den. Wir kämpfen für einen Gerechtigkeits­fonds, der alle Rente­nansprüche der Ost­deutschen anerken­nt und nicht nur Almosen verteilt. Auch hin­sichtlich des Pflegenot­stands beste­ht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf. Eine Deck­elung der Eigenan­teile, ein Pflege­wohn­geld, ein Lan­despflegegeld, eine Pflege­bevollmächtigte: Alles Vorschläge der Linken, die die CDU bei­seite wis­cht. Noch nicht mal die sim­pel­ste Lehre aus der Pan­demie war mit dieser Koali­tion zu machen: ein Lan­des­ge­sund­heit­samt.

Schw­er wiegt für mich auch, dass der Min­is­ter­präsi­dent sein Ver­sprechen gebrochen hat, für mehr direk­te Demokratie zu sor­gen. Eine Mod­ernisierung unser­er Ver­fas­sung sollte dafür sor­gen, dass Volks­begehren und Volksab­stim­mungen erle­ichtert wer­den. Die CDU hat das nie gewollt, weil sie den Men­schen mis­straut. Wir als Linke haben Vorschläge für noch mutigere Verbesserun­gen gemacht, auch für eine Lockerung der Investi­tions­bremse. Während andere Län­der ihre Indus­trien mit Kon­junk­tur­paketen stützen, betreibt die CDU ide­ol­o­gis­che Prinzip­i­en­re­it­erei. Wir hät­ten gerne über diese Vorschläge gesprochen. Die Unzu­ver­läs­sigkeit der CDU hat es ver­hin­dert. Ein schlecht­es Zeichen ist dieses gebroch­ene Ver­sprechen für die Land­tagswahl. Wer soll Her­rn Kretschmer das Ver­sprechen abnehmen, dass die CDU nicht mit der AfD zusam­me­nar­beit­en wird? Ihm per­sön­lich nehme ich das ab, wie auch eini­gen anderen Abge­ord­neten. Aber wer garantiert, dass andere Abge­ord­nete der Partei sich von ihm etwas sagen lassen? Wer glaubt, CDU wählen zu müssen, um AfD-Poli­tik zu ver­hin­dern, kön­nte sein blaues Wun­der erleben.

Michael Kretschmer spricht nicht nur mit vie­len Leuten, er erzählt auch allen, was sie gerne hören wollen. An einem Tag erk­lärt er uns, was für ein Glück diese Regierung sei. Am näch­sten verkün­det er, unbe­d­ingt ohne die Grü­nen regieren zu wollen. Am übernäch­sten dann, dass er es not­falls aber doch wieder machen wird. Auf das Wort von Michael Kretschmer kann man sich also nicht immer ver­lassen. Michael Kretschmer und seine CDU ver­suchen, ein anderes Bild zu zeich­nen. Sie allein, so wer­den sie uns erzählen, seien das Boll­w­erk gegen den Ansturm der AfD. Wer so die Sorge um die Demokratie für seine eige­nen Zwecke miss­braucht, der beschädigt die Demokratie. Ger­ade weil den Leuten ständig zuge­mutet wird, das kleinere Übel zu wählen, wächst das größere Übel immer weit­er. Es gibt in diesem Land­tag vier Frak­tio­nen, die ohne Wenn und Aber zur Demokratie ste­hen. Nie­mand muss zäh­neknirschend CDU wählen. Jede Stimme für eine demokratis­che Partei schützt unsere Demokratie.

Wir kämpfen für soziale Gerechtigkeit für alle Men­schen, die hier leben. Das fängt an mit einem kosten­losen Mit­tagessen in Kita und Schule und geht weit­er mit dem Erhalt aller Kranken­haus­stan­dorte. Die Links­frak­tion hat seit 2019 fast 30 Geset­zen­twürfe und fast 600 Anträge einge­bracht, um Sach­sen sozialer zu machen. Aus Prinzip wur­den selb­st die besten Vorschläge abgelehnt, weil sie von der Linken kamen — und zwar nicht sel­ten von CDU-Poli­tik­ern, die jet­zt verkün­den, man solle doch Vorschläge der AfD sach­lich prüfen. Trotz dieser kleinkari­erten Block­ade haben wir viel erre­icht: Die Ausweitung des Bil­dung­stick­ets, das Ver­bot der Zweck­ent­frem­dung von Woh­nun­gen, mehr Lehrkräfte an den Schulen, der Reparatur­bonus und vieles andere wäre ohne unseren Druck so nicht zus­tande gekom­men.

Mit fast 5.000 Anfra­gen haben wir der Regierung auf die Fin­ger geschaut und viele Missstände und Fehler aufgedeckt. Mit unser­er erfol­gre­ichen Klage gegen das neue Polizeige­setz haben wir die Rechte der Bürg­erin­nen und Bürg­er vertei­digt. Auch wenn momen­tan weniger Men­schen Hoff­nung in uns set­zen als früher: Wir als Linke sind und bleiben die Stimme der­jeni­gen, die keine mächtige Lob­by besitzen. Wir sind und bleiben die Stimme dafür, dass unser Land dem Frieden verpflichtet bleibt und nicht ver­armt. Wir wollen Sach­sen gerechter machen und bleiben unserem Wertekom­pass treu, auch wenn wir den anderen Parteien damit auf die Ner­ven gehen. Wir bleiben die laute Stimme für die Leisen. Darauf kön­nen sich alle ver­lassen.“

Den Voll­text der Rede gibt es hier.

Pressemit­teilung auf www.linksfraktionsachsen.de