Beschönigungen sind in der Sozialberichterstattung fehl am Platz – Strategie gegen Armut entwickeln!

Zur heuti­gen Land­tags­de­bat­te über die Zweite Sozial­berichter­stat­tung (Druck­sache 7/12098) und zu den Forderun­gen im Entschließungsantrag der Link­frak­tion (Druck­sache 7/13556) erk­lärt Susanne Schaper, Sprecherin für Sozialpoli­tik:

„Eine umfassende Sozial­berichter­stat­tung ist wichtig und muss ständig erfol­gen. Die aktuelle ist lei­der ver­al­tet, weil der Daten­stand 2019 endet und danach die Coro­na-Jahre fol­gten, die mit einem Son­der­bericht aus­gew­ertet wer­den soll­ten. Den­noch erken­nen wir an, dass es diesen Bericht und erst­mals wichtige Analy­sen auf der Gemein­deebene gibt. Manche Erfol­gssto­ry, die das Sozialmin­is­teri­um im Bericht erzählt, ist allerd­ings obso­let. Ein Beispiel angesichts des heuti­gen Kindertages: Ende 2021 war bere­its jedes fün­fte Kind in Sach­sen von Armut betrof­fen – damit sind die höch­sten Werte von 2005 sog­ar über­schrit­ten.

Alle Dat­en müssen kri­tisch bew­ertet und ein­ge­ord­net wer­den, Beschöni­gun­gen sind fehl am Platz. Das fängt mit Beze­ich­nun­gen an: ‚Armutsge­fährdungsquote‘ klingt harm­los­er als ‚Armut­squote‘, wenn Men­schen weniger als 60 Prozent des durch­schnit­tlichen Net­toäquiv­alen­zeinkom­mens zu Ver­fü­gung haben. Let­zteres lag 2019 bei etwa 1.500 Euro. 60 Prozent davon reichen nicht zum Leben! Zwar ist es schön, dass das Durch­schnitt­seinkom­men seit 2005 um über 500 Euro gestiegen ist. Dass es aber immer noch weit unter dem Bun­des­durch­schnitt liegt, erwäh­nt der Bericht nicht. Erk­lärende Fak­toren wie die geringe Tar­if­bindung wer­den nicht berück­sichtigt. Legt man das säch­sis­che Durch­schnitt­seinkom­men an, leben 12,5 Prozent der Bevölkerung in Armut. Legt man hinge­gen den Bun­des­me­di­an zugrunde, sind es über 17 Prozent.

Mehr als jed­er sech­ste Men­sch in Sach­sen war 2018 ver­mö­gens­los, also ohne Rück­la­gen für Krisen­si­t­u­a­tio­nen. Ich fürchte, dass es heute noch mehr sind. Trotz der Fest­stel­lung, dass die soziale Ungle­ich­heit wächst und dass dies vor allem an der ungle­ichen Ver­mö­gensverteilung liegt, beleuchtet der Bericht das Phänomen Reich­tum aber nicht.

Wir fordern einen Lan­des-Armutsgipfel, um eine Armuts­bekämp­fungsstrate­gie zu entwick­eln. Um die schlimm­sten For­men der Armut zurück­zu­drän­gen, muss die Staat­sregierung min­destens gegen Woh­nungslosigkeit vorge­hen, den Lan­desak­tion­s­plan zur Hil­fe für Allein­erziehende endlich vor­legen und die Empfehlun­gen der Pflege-Enquetekom­mis­sion umset­zen.”

Pressemit­teilung bei Links­frak­tion Sach­sen